Der Tag, als ich Post von einer Limerick-Legende bekam

Da veröffentliche ich einen Limerix-Jahresrückblick und vergesse eins der für mich wichtigsten Ereignisse des Jahres 2022 in Sachen Limericks zu erwähnen!

Ich bekam gestern Post aus dem Rheinland:
ein Büchlein mit tiefrotem Einband.
Ein lyrischer Vorrat
mit Versen von Frorath.
Kein Wunder, dass ich das echt fein fand!

Vielen wird der Name Günter Frorath nichts sagen, aber er ist jemand, der nicht nur viele Limericks, sondern auch Limerick-Geschichte geschrieben hat und an dessen Namen man nicht vorbeikommt, wenn man sich mit deutschsprachigen Limericks beschäftigt. Zusammen mit dem Autor Georg Bungter schrieb Frorath in den 60er und 70er Jahren Limericks, die u.a. durch das Duo Schobert & Black zu größerem Ruhm gelangten.

Limerick V - Schobert und Black

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Das Büchlein „Limerick teutsch“ von Frorath und Bungter aus dem Jahre 1969 ist für Limerick-Fans wie mich ein begehrtes Sammlerobjekt. Ich erwarb es gebraucht im Internet zum stolzen Preis von 20 Euro. Durch wie viele Hände es bereits gegangen ist, weiß ich nicht, jedoch war der Erstbesitzer vermutlich ein gewisser Oliver Hönig aus Rottweil, denn sein Stempel mit der damals noch dreistelligen Postleitzahl der schwäbischen Stadt prangt auf der ersten Seite.

Das Buch enthält neben Zeichnungen von Helmut Hellmessen eine Sammlung von Limericks, bei denen sich Einfallsreichtum, Reimvirtuosität und intelligenter Humor kräftig die Hände schütteln. Ob schwarze Limericks, historische Limericks, Schlemmericks oder gar Schlimmericks, den beiden Limerick-Pionieren war nichts heilig:

Es sprach ein Mönch an der Nethe:
„Es genügt keineswegs, dass man bete.
Im Fasten liegt Heil
und Seligkeit, weil …“
Da erstickte er an der Pastete.

Bei einem Namen, den ich nur aus Wikipedia und über 50 Jahre alten Büchern kenne, kann ich durchaus stutzig werden, wenn er plötzlich handgeschrieben einen Umschlag ziert, der in meinem Briefkasten liegt. So geschehen im letzten November: Es dauerte ein Weilchen, bis mein Hirn die transferleistung vollbracht hatte, dass es sich tatsächlich um Post der Limerick-Legende Günter Frorath handelte.

Man habe ihm geflüstert, dass ich ein neues Limerick-Projekt an den Start gebracht hatte. Die stille Post wurde von einer anderen dichtenden Legende, nämlich Edith Jeske, in Umlauf gebracht, und fand über Georg Bungter den Weg an das Ohr des Limerick-Poeten. So lag in dem Umschlag neben einem kurzen Brief ein Band mit hundert (oder doch nur fünfundneunzig?) Limericks, den er „zum weihnachtlichen Verschenken für Freunde“ angefertigt hatte. Das mit „Zwei Heringe auf den Kanaren“ betitelte Buch ist nicht im Handel erhältlich und enthält Werke wie dieses:

Es sprach eine Gräfin in Krefeld:
„Falls morgen in Krefeld viel Schnee fällt,
dann mach‘ ich mir Sorgen,
dass mir vielleicht morgen
der Schnee in den englischen Tee fällt.“

Man sieht, der Meister hat es noch drauf! Nun stehen also die beiden Limerick-Bücher in seliger Eintracht nebeneinander in meinem Regal: Der Band von 1969 und daneben der von 2022. Über ein halbes Jahrhundert schrumpft so auf wenige Zentimeter zusammen. Aber das ist ja kein Wunder, denn schließlich passt ja auch die ganze Welt in fünf Zeilen!

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