Inhalt und Handlung eines Limericks

Es war mal ein kleines Gedicht,
das machte ein finstres Gesicht.
Die Welt wird nicht heilen
durch lustige Zeilen.
Pointe? Auch die gibt es nicht.

Das könnte man wohl einen Antilimerick oder Deprilick nennen, den ich an einem ziemlich trüben Tag zu Papier brachte. Für Puristen mag das kein Limerick mehr sein, für mich aber schon, denn ob es sich um einen Limerick handelt oder nicht, mache ich persönlich nicht am Inhalt fest, sondern, wie in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben, an Reimschema, Metrum und Zeilenlängen.

Die sehr verbreitete Limerick-Variante, die ich „klassischer Limerick“ nenne, hat einen ganz typischen inhaltlichen Ablauf und beginnt in der Regel mit einer Person aus einem Ort. Der Ort hat die einzige Funktion, das Reimwort vorzugeben. Wie es dort aussieht, welche kulturellen und geographischen Besonderheiten es dort gibt, wie die Menschen aussehen und reden, ist beim klassischen Limerick i.d.R. nicht wichtig. Wenn du Limericks über reale Personen und Begebenheiten schreiben willst, musst du natürlich auch so etwas berücksichtigen. Das ist allerdings eine Aufgabe für Fortgeschrittene, da man hier viel weniger Freiheiten in Bezug auf Wortwahl und Reime hat.

Der klassische Limerick spielt meist in der Vergangenheit. Er ist eine Erzählung über ein Ereignis, das schon vorbei ist:

Einem Zimmermannmeister aus Golzow
verfaulte beim Neubau das Holz so.
So brach mit viel Krach
beim Richtfest das Dach.
Das hatte er wohl nicht gewollt so.

Die Limericks aus dem „Book Of Nonsense“ von Edward Lear sind alle nach diesem Schema aufgebaut (mit dem Unterschied der schon erwähnten Wiederholung am Ende):

There was an Old Man on a hill,
Who seldom, if ever, stood still;
He ran up and down
in his Grandmother’s gown,
Which adorned that Old Man on a hill.

Der Moderne Limerick bringt in der letzten Zeile eine Pointe:

Es war eine Dame aus Rottweil,
die glaubte seit Kurzem an Gott, weil
der Mann, den sie mochte,
so himmlisch gut kochte.
Besonders fand sie sein Kompott geil.

Die meisten Limericks orientieren sich an diesem Schema und wenn man bedenkt, wie viele Orte, Länder und Regionen es auf der ganzen Welt gibt, werden auch in tausend Jahren noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sein. Vorausgesetzt, dass es in tausend Jahren noch Orte mit Menschen auf der Erde geben wird …

Da ich regelmäßig satirische Limericks zum Zeitgeschehen schreibe, muss ich dieses Schema häufig verlassen. Dennoch würden nur Puristen anzweifeln, dass es sich bei folgendem in Berliner Mundart geschriebenem Werk um einen Limerick handelt:

Ick wollt’ so jern in de Karibik –
mit Palmen und Strand, ja, dit lieb ick!
Hab ‘n Flieja jebucht
und denn lauthals jeflucht:
Den hamse jestrichen, drum blieb ick.

Die hier verwendete Ich-Perspektive gibt es beim traditionellen Limerick nicht. Hier wird auch deutlich, dass man Wörter, auf die es im Hochdeutschen keine Reime gibt, manchmal trotzdem als Reimwort verwenden kann, wenn man auf einen Dialekt ausweicht. Die Themenvorgabe war „Karibik“!

Beim folgenden Limerick habe ich die vollständige Biographie der Queen Elizabeth (Gott hab’ sie selig) in fünf Zeilen zusammengefasst:

Gebor’n als Symbol der Nation,
dann 7 Jahrzehnte lang Thron.
Viel reisen, viel winken
und Dubonnet trinken,
Begräbnis. Jetzt macht es der Sohn.

Man kann also durch Abweichen vom klassischen Erzählschema sehr kreativ mit der Limerickform spielen. Wenn du mit dem Limerickschreiben erst anfängst, empfehle ich allerdings, erst mal bei der klassischen Form zu bleiben.

Und jetzt: Bleistift spitzen, anschnallen und das Rauchen einstellen, hier kommt der

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1 Kommentar zu „Inhalt und Handlung eines Limericks“

  1. Hallo Jens,
    wenn sich ein angehender Dichter mit Limericks beschäftigen möchte, der kann zum Beispiel bei WIKIPEDIA hineinschauen, er findet dort Startmaterial. Möchte er mehr wissen, dann ist die Seite von Heinz Hermann Michels eine gute Wahl: Viele grundlegende Fakten zum Thema Limericks werden dort anspruchsvoll dargestellt und erklärt. Wer immer noch nicht genug hat, der kann sich auf dieser Seite hier umfangreich fortbilden und außerdem noch die vielen Hörbeispiele genießen. „Nichts ist so gut, dass man es nicht noch verbessern kann.“ soll Schopenhauer einmal gesagt haben, und da kommen meine Überlegungen ins Spiel. Technisch gesehen ist meine Homepage recht einfach gestrickt, aber methodisch-didaktisch stecken da die Erfahrungen von 40 Jahre Schuldienst drin. Limericks kann man auch musikalisch betrachten und erklären, da hast du ja auf deiner Seite auch mehrfach hingewiesen – und ich habe das auch einmal gemacht. Leider kann ich dir hier keine Anlagen mitschicken aber dieser Link hier ist mit Sicherheit auch für einen Limerick – Profi wie dich interessant: https://www.joachim-kroll.de/limericks-im-walzertakt.html

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